Ihr habt euch mit Barrierefreiheit schon mal befasst, das ist prima. Aber wie könnt ihr überprüfen, ob die umgesetzte Theorie auch wirklich funktioniert?
Die Zeiten, in denen man sich als Webentwickler nicht mal eben Screenreader-Software zum Testen zulegen konnte, sind zum Glück vorbei. Heute muss man keineswegs mehr einige tausend Euro für eine Lizenz bezahlen, sondern kann die kostenlosen und großenteils quelloffenen Screenreader nutzen. Und die sind absolut praxistauglich.
Um sich die eigene Website mal von einem Screenreader vorlesen zu lassen, gibt es folgende Möglichkeiten:
Windows
Unter Windows kann man sich den Open-Source-Screenreader NVDA herunterladen. Wird das Programm ausgeführt, befindet sich im Systemtray ein Icon von NVDA. Mit einem Rechtsklick auf das Icon öffnet sich ein Kontextmenü, durch das sich NVDA auch wieder beenden lässt.
Das NVDA-Menü, in dem sich unter anderem die Einstellungen befinden, lässt sich mit dem Shortcut Einfügen+N aufrufen. Die Navigation geschieht im Wesentlichen durch die Tabulator-Taste. Möchte man sich durch einen Text navigieren, so kann man das für den Anfang am leichtesten mit den Pfeiltasten zeilenweise tun. Weiterführende Informationen finden sich im Handbuch, welches sich ebenfalls über das NVDA-Menü (Einfügen+N) erreichen lässt.
Mac OS
Hier kann man das bereits vorhandene VoiceOver über den Shortcut Command + F5 ein- und ausschalten. Die Navigation findet hier allerdings nicht über die Tabulatortaste statt. Man benutzt die Pfeiltasten (rechts/links) zusammen mit den Tasten Control und Alt, um zum nächsten (rechts) oder vorherigen (links) Element zu navigieren. Das schließt auch Absätze in Fließtexten ein.
Linux
Unter Linux lässt sich Orca aus den mitgelieferten Paketquellen installieren. Die Navigation läuft hier auch über die Tabulatortaste. Die restlichen Tastenkürzel lehnen sich stark an die von NVDA an.
iOS
Unter iOS lässt sich durch dreimaliges schnelles Drücken des Homebutton das bereits vorhandene VoiceOver aktivieren. Genau so lässt es sich auch ausschalten. Man kann auch Siri darum bitten, VoiceOver ein- und auszuschalten. Die Navigation lässt sich jetzt zweierlei gestalten: Entweder mit schnellen Wischbewegungen nach rechts oder links auf dem Display, um zum nächsten bzw. vorherigen Objekt zu springen, oder man platziert einen Finger auf dem Display und bekommt vorgelesen, welches Objekt sich unter dem Finger befindet.
Android
Auch Android hat bereits einen Screenreader an Bord: TalkBack. Hier gestaltet sich die Benutzung ähnlich wie bei VoiceOver unter iOS. Drückt man, nachdem man einmal TalkBack in den Einstellungen aktiviert hat, beide Lautstärketasten für etwa 2 Sekunden, kann man TalkBack so ein- oder ausschalten. Möchte man ein Element aktivieren, muss man erst den Fokus darauf setzen und anschließend mit einem Finger einen Doppeltipp ausführen.
“Das reicht mir aber noch nicht!”
Mit diesen Tools kann man sein Internetprojekt bereits selbst mit allen Endgeräten auf eventuelle Barrieren prüfen und bekommt nebenbei einen lebendigen Eindruck, wie komfortabel die Architektur der Website tatsächlich ist. Oder man sucht sich professionelle Partner, die auf Zugänglichkeitsgutachten und Accessibility-Beratung spezialisiert sind.