Videokonferenzlösungen, egal ob closed oder open, sind ungeeignet für die gemeinsame Probe musizierender Gruppen. Es ist ja schon im realen Raum schwierig genug, gemeinsam die Zählzeit 1 zu treffen. Mit der Latenz ist das aber technisch unmöglich. Oder doch nicht?
Mal ein paar Tage die anderen nicht sehen, tut auch ganz gut. Fällt ja nicht gleich die Decke auf den Kopf. Kommt dann die Sehnsucht, gibt es Videokonferenzsoftware wie Jitsi Meet oder BigBlueButton. Doch wenn die Leidenschaft zur Musik das Social Distancing schmerzhaft macht, muss es doch Lösungen geben.
Webkonferenz als Probenraum? Vergiss es!
Anschauen ist gut. Dafür taugt es. Gleichzeitig Musik machen? Vergiss es! Bis der Ton bei dir ist, bin ich schon im nächsten Takt. Das zumindest die bisherigen Erfahrungen auch mit den Zooms und WebExen dieser Welt. Lustigerweise fällt das im “normalen Gespräch” gar nicht auf. Dieses verdammte Delay.
In meinen alten Zeiten als Rockmusiker hätte mich das für die eine oder andere Probe auch nicht gestört. Meist haben wir sowieso irgendwann zusammengesessen und Bier getrunken. Das geht super per Videokonferenz :)
Seit einigen Jahren singe ich im Chor. Rhythmus ist schon zu normalen Zeiten eine Herausforderung. Mit Delay aber definitiv nicht zu schaffen. Es muss doch Software dafür geben?
Danke, Jamulus!
Volker Fischer hat ein wunderbares Stück free and open source software in die Welt gebracht: Jamulus. Für genau diesen Zweck: Gemeinsam mucken in Zeiten des Social Distancing.
Auf der SourceForge-Seite können die Clients für Windows-, Macintosh- und Linux-Computer heruntergeladen werden. Zugegeben, einen Schönheitspreis gewinnt die UI nicht. Aber wir wollen ja proben und nicht schöne Bedienoberflächen ansehen.
Und das gemeinsame Musizieren klappt ganz wunderbar, wenn die Rahmenbedingungen stehen. Achtet bei euren ersten Gehversuchen auf Folgendes:
- Benutzt ein Headset oder Audio-Interface (Singt oder spielt bloß nicht euer Notebook an!)
- Kabel ist besser als WiFi.
- Schnelle Server (im Frontend grün statt rot) machen den Unterschied.
- Lernt die Oberfläche kennen!
Wenn ihr diese Dinge berücksichtigt, klappt das ganz gut. Ihr werdet erleben, dass es etwas verwirrend ist, die anderen Musiker nicht sehen zu können. Überlegt euch, wie ihr einzählt und wie ihr mit der Abwesenheit von Zeichen umgeht, was typischerweise im gemeinsamen Probenraumerlebnis ein Klacks (No-Brainer) ist. Es ist anders. Aber es ist vor allem aufregend, weil ihr (relativ) problemlos mit Menschen von überall spontane Sessions machen könnt. Das ist toll und das war schon immer toll beim gemeinsamen Muckemachen.
Eigene Server zur Verfügung stellen
Jamulus ist ein ganz typisches Open-Source-Projekt. Menschen machen das, weil sie Lust darauf haben. Es gibt keine Tante aus Amerika, die die Infrastruktur sponsort. Wenn ihr also etwas Gutes tun wollt, installiert ihr den Linux-Client in der Variante als Server und stellt diesen der ganzen Welt zur Probe zur Verfügung. Installiert euch eine zweite Instanz, die ihr für euren eigenen Probenraum (den ihr nicht mit der Welt teilt) nutzen könnt. Den Unterschied machen wie immer ein paar Parameter beim Start der Anwendung.
Folgende Links machen euch das Leben einfacher:
- dieser Anleitung zum Installieren eines eigenen Servers folgen -> https://jamulus.io/wiki/Server-Linux
- die Start-Paramter sind hier beschrieben -> https://jamulus.io/wiki/Command-Line-Options
Als Server taugt schon die kleinste Ausführung einer VM bei Upcloud, die derzeit ca. 5,00 € im Monat kostet.
Kurzvideo für meine Chorlegen
Nicht jeder Macintosh-User ist in der Lage, Software zu installieren, die nicht aus dem App Store kommt. Für diese Zielgruppe habe ich ein “kurzes” Installationsvideo (~ 8 Minuten) hinterlegt, das auch gleich die GUI beschreibt und die wichtigsten Knöpfe vorstellt.
Linux-User wissen, wie Software zu installieren ist, und bei Windows habe ich selber überhaupt keine Ahnung. Das schafft ihr schon.
Viel Spaß beim Mucken.